Leslie

Mit 17 Jahren bekam ich grünes Licht zum Unterstellen eines Pferdes. Ich plünderte mein Sparbuch und machte Besuche bei den Omas. Reichtümer waren es keine, sollte aber für einen Freizeit-Isländer reichen. Gefunden habe ich Leslie auf dem Mönchhof (der damals noch eine Baustelle war). Die Besitzerin verkaufte sie und noch eine Stute wegen Aufgabe des Reitsports. Rappe, mit Dickschädel und ein richtiges 11jähriges Kraftpaket. Nach einem Proberitt war klar - sie wird mein! Mein Vater hat den Kaufvertrag unterschrieben und eine Woche später stand sie in Schellbronn auf der Koppel. Binnen einer Nacht war sie Chefin der Familienbande.

Leslie erwies sich als nicht ganz einfaches Pferd. Mit ihren 11 Jahren war ich die 5. oder 6. Besitzerin. Sie schnappte beim Putzen und Satteln und ihr Dickschädel war schon sagenhaft. Man hat glaub ich, nie mehr sooo viel Zeit für ein Pferd, wie fürs erste eigene. 100% Hornafjödur-Blut galt es zu überzeugen. Mit Hilfe eines LTJ-Buches fingen wir an Bodenarbeit zu machen. Bald lief Leslie ohne Halfter neben mir her - in jeder Gangart. Angst vorm Hängerfahren hatte sie nie - anfangs dacht ich, da ist Esel mit in der Abstammung. Ein Komm-Mit hat dann die Fronten geklärt und sie stieg irgendwann ganz alleine ein. Leslie hat viel tribuliert. Damals kannte ich noch keine Osteopathen, wußte nicht, daß es das überhaupt gibt.

Kein Pferd hatte je so viel Freiheiten wie Leslie. Denn auf sie war immer Verlass! Sie hat in brenzligen Situationen mitgedacht und selbständig entschieden. Obwohl in der großen Gruppe nur schwer zu bremsen, war sie durch nichts zu erschrecken.

Wir haben unzählige Wanderritte gemacht. Von Pforzheim bis zur EuroCheval, machten den Burgwald unsicher, wurstelten uns beim Sternritt bis Saarwellingen durch. Trekkingführer ETCD, Reiterpass FN, Kurs mit Rudi Roth, Reiterspiele, Fuchsjagden, Fasnet - am durchhängenden Zügel im Takt der Musik im eigenen Hexenhäs. Geschicklichkeitsprüfung mit Halsring, reiten ohne Sattel und Trense, Slalom um Lagerfeuer - Vorführung unter dem Damensattel. Spontaner nächtlicher Fackeltölt beim Scheidterberg in Flammen. Halfterprüfung mit Strick auf dem Hals. Beim Stadtfest der Pforzheimer Vereine beim spontanen Pressetermin lief Leslie mangels Halfter frei neben mit her durch die Fußgängerzone. Im Winter Spaß mit dem Rodelschlitten. Treppensteigen beim Wanderritt - Weg bahnen in der Pampas. Allen voraus über die unheimlichen Brücken hinauf zur Burg Hohenzollern. Oft hab ich sie frei voraus geschickt - einen rutschigen Abhang hinunter, beim Wanderritt die Treppen hoch, um bei den anderen Pferden helfen zu können. Im Wald frei „geparkt“, als mein junges Handpferd Knacki rückwärts von der Brücke gestürmt ist. Ihr letzter Auftritt war bei der Weihnachtsfeier in Bilfingen - Vorführung mit Halsring mit 26 Jahren. Leslie war 15 Jahre lang mein Reitpferd. Mit 21 bekam sie noch ein Fohlen: Smjatta. Mit 25 lief sie ihre letzte Wanderreitsaison. Mit 26 noch ums Haus und mit knapp 27 hat sie beschlossen in Rente zu gehen - sie hatte keine Lust mehr, den Rodelschlitten zu ziehen.

10 Jahre hat sie in ihrer Herde das Gnadenbrot bekommen und noch Fohlen aufwachsen sehen. In ihrem letzten Herbst wurde es immer schwieriger ihr was auf die Rippen zu füttern. In der letzten Woche hat sie insgesamt stark abgebaut. Im Januar 2008 mußte ich sie nach 25 gemeinsamen Jahren schweren Herzens über die Regenbogenbrücke schicken …

Leslies Abstammung war schon lustig. Da gab es in den Papieren: Lady und Simpl. Aber auch 2x Nökkvi frá Holmi.